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Die zwei Welten des jungen G.

Jangwani-Tal zwischen Magomeni und Kariakoo

Jangwani-Tal zwischen Magomeni und Kariakoo

Es war drei Uhr nachmittags und G. war gerade vom Feuerwehrtraining in Temeke zurückgekommen. Eigentlich hatte er keine Lust, mit den Leuten im Control Room am Kartenprogramm zu üben. Aber wenn er es nicht machte, würde es nie etwas und G. war schließlich der gewaltsame Reformer, die Karte war sein Denkmal. Also nahm er seinen Laptop und ging hinüber. Sogleich kam ein Anruf, ein Hausbrand in Jangwani. G. suchte ein wenig auf der Karte herum und entschied dann, dass er lieber ausrücken wollte, zumal alle genau zu wissen schienen, wo die Einsatzstelle lag. Also rannte G. zurück ins Büro, zog seine Feuerwehrhose mit Stiefeln an, schnappte Jacke und Helm und stieg mit seinen Kollegen ins Löschfahrzeug. Er hatte noch eineinhalb Stunden bis zum Frisbeetraining. Er hätte alternativ noch irgendwelchen organisatorischen Kram erledigen können, aber darauf hatte er keine Lust und er wusste, dass die Gegend vermutlich ein Slum sein würde. Gs. Erfahrung sagte, dass kleinere Hausbrände in Slums meistens keine langen Einsätze nach sich ziehen würden. Außerdem gab es meistens nur ein Stockwerk, deshalb kämpfte er sich auf der Fahrt in seine Jacke, den Feuerwehrgurt ließ er aber beiseite, weil es sehr heiß war. Und siehe da, die Rechnung ging auf. Über einen sehr holperigen Feldweg gelangte die Gruppe an den Rand einer inoffiziellen Siedlung, nur ca. 500 Meter von Gs. Zuhause entfernt. Dort war eine Gruppe Anwohner beschäftigt, die schwelenden Reste eines Dachstuhlbrandes zu bekämpfen. In Gs. Augen quälend langsam baute sich der Löschangriff auf, dann platzte noch ein C-Schlauch. Es wurde aber rasch eine Ersatzleitung verlegt. Der dienstjüngste Feuerwehrmann musste die Nachlöscharbeiten ausführen. Auf Gs. Hinweis stellte er sein Mehrzweckstrahlrohr von Vollstrahl auf Sprühstrahl um, nachdem er fast den Dachstuhl weggeblasen hatte. G. zog seine Kamera heraus, versuchte, nicht von Strahlen aus den Lecks im vorderen Schlauch getroffen zu werden und die Kamera vor dem herabtropfenden Löschwasser zu schützen und begann, zu fotografieren. Dann war der Einsatz beendet. G. rollte der Form halber einen Schlauch zusammen, dann kletterte er noch auf das Dach des Löschfahrzeugs, um ein Überblicksbild von der Einsatzstelle zu machen. Durch den Sucher dachte er sich: Hier können wir ein richtiges Entwicklungslandfoto machen. Eine zerzauste Palme im Vordergrund, viele dunkelhäutige Menschen, Hütten. Dann drückte er auf den Auslöser. Vor dem Fahrzeug liefen Ziegen vorbei. Es war ein weiterer Transporter von der Wache eingetroffen. G. plauderte noch kurz mit einem Polizisten, dann fuhren sie ab. Auf der Wache verstreuten sich die Feuerwehrleute in alle Winde. G. hätte noch gerne eine Feedbackrunde veranstaltet, aber er wollte zum Frisbeetraining. Er verabschiedete sich vom Gruppenführer. Dann ging er ins Büro und stopfte seine Arbeitskleidung in die Tasche, zog Turnschuhe an und fuhr nach Upanga. Am Tor der International School of Tanganyika öffnete ihm wie immer der Wachmann die Seitentür. G. stellte sein Fahrrad ab und ging über die von großen Bäumen beschatteten Höfe zum Sportfeld. Dort wärmten sich schon ein paar Teamkollegen auf. Makellos lag die Grasfläche in der Nachmittagssonne und hinter den Palmen ragten dunkel die Fassaden der Oberschichtblocks empor.

International School of Tanganyika, Upanga

International School of Tanganyika, Upanga