Lutheran Church in Magomeni
Lutheran Church in Magomeni
8. November: G. war mit seinen Kollegen auf dem Anfangsseminar. Sie haben ihre Mitfreiwilligen von einer anderen Organisation kennengelernt und Kontakte zur Feuerwehr im Dogodogo-Center geknüpft. Abgesehen davon haben sie sehr gut gegessen, da das Seminar im Restaurant der Frau des Teamleiters stattfand. Ein, zwei interessante Informationen gab es auch. Beispielsweise, dass es klug ist, an Straßen immer entgegen der Fahrtrichtung zu laufen, damit einem sein Besitz nicht so leicht von einem Fahrzeug aus weggerissen werden kann. Da braucht man G. aber nichts zu erzählen, denn im Bereich Tarnung und Taktik ist er ohnehin unschlagbar. Wie hätte sein Smartphone, das ungefähr vier durchschnittliche Monatslöhne kostet, es sonst überleben können, dass er es zusammen mit seiner Einsatzhose irgendwo auf der Wache zum Trocknen aufgehängt hat? Manchmal haben die Dummen eben Glück. Auf dem Rückweg haben G. und seine Kollegen Obst eingekauft.
Dann ist er etwas früher als die anderen ausgestiegen, weil er direkt nach Magomeni zurückwollte, während S. noch sein Fahrrad in Ilala abholen musste. Als er an der riesigen Rohbaukirche an der Kreuzung von Kawawa Road und Morogoro Road vorbeikam, überfiel G. der unbändige Drang, die Wachleute im Häuschen zu fragen, ob er die Kirche besichtigen könne. Sie führten ihn ins Pfarrbüro, wo sich G. eine ganze Riege an Kirchenleuten, bestehend aus Pfarrsekretär, Priesteranwärter, Mesner und Fahrer vorstellte. Alle zeigten sich sehr wohlwollend gegenüber G. und schickten gleich jemanden zum Pfarrer, um ihn wegen der Fotoerlaubnis zu fragen (G. hatte sich derweil als Architekturstudent vorgestellt, zudem war ihm seine christliche Herkunft nützlich, denn trotz unterschiedlicher Konfessionen ist Glauben ein ganz solider Club mit gegenseitiger Vertrauensbasis, denn wer dem Anderen Schlechtes tut, wird zum Gemeinschaftstarif bestraft).
Dann führte der Pfarrsekretär G. durch das ganze Gebäude und ließ ihn ausgiebig fotografieren. Kurz vor Ende der Führung gab es einen Platzregen, wie ihn G. in seiner Art bisher nur hier erlebt hat. Innerhalb von dreißig Sekunden setzte ein Regenguss ein, der alles, das in seine Nähe kommt, mit großer Wucht völlig durchnässt. G. und der Sekretär stellten sich unter und warteten. G. erfuhr, dass das neue Gebäude umgerechnet eine Million Euro kostet, die durch Spenden der Gläubigen aufgebracht wurden. Angesichts der Einkommensverhältnisse in diesem Viertel war G. sehr beeindruckt von dem Kraftakt. Es ist etwas, das G. an Religionen gut gefällt. Durch Glauben und verschiedene Kodizes werden von den Gemeinden große Kräfte und Mittel mobilisiert. Wenn sie nicht gerade für die neue Residenz eines Bischofs draufgehen oder man zu Waffen greift, um Andersgläubige zu bekämpfen, hat das Engagement der Gläubigen ein großes Potential für die Gesellschaft. In Bezug auf Andersgläubige zeigt sich Gs. Lebenswelt hier in der Tat sehr offen. Das Zusammenleben von Christen und Muslimen ist in Dar Es Salaam, soweit er es erlebt hat, kein Konfliktpunkt. Gs. muslimische Arbeitskollegen haben jedenfalls sehr gelacht, als er auf ihren scherzhaften Gruß „Salam Aleikum“ mit „Wa Aleikumu Salam“ antwortete. Auch der Gemeindesekretär bezeichnete, auf die Moschee gegenüber angesprochen, die Muslime als Brüder, die es zu achten gelte.
Als der Regen etwas nachließ, gingen G. und der Sekretär zum Büro zurück. G. nahm seinen Rucksack und seine Früchte und ging durch den Nieselregen nach Hause.
5th November (National Holiday because of President Magufuli’s inauguration)
Going to Coco Beach with Thurid (Physiotherapist at Amana Hospital) and Samuel / Watching „Time 2 Dance“ Performance at Nafasi Art Space
6th November
Starting to modify hose boxes for the fire tender / Disassembling spring of Kinondoni fire vehicle due to broken bolt, together with Moses and Matola, head technicians / Going to Karibu Music Festival with Thurid and friends from TSE (Talent Search and Empowerment, NGO) / Eating the best chicken in my life / Taking a dip in the Indian Ocean
7th November
Preparation course day in Makumbusho, first meeting with the other volunteers from Hamburg-based Kawaida e.V. / Buying Mangoes and Bananas
Vehicle Repair
Karibu Music Festival, Bagamoyo
Dienstag, 3. November: Wie jeden Morgen waren G. und S. ein wenig spät dran, doch sie kamen noch rechtzeitig. Rechtzeitig? Bisher haben sie kaum bemerkt, dass es einen absoluten Zeitpunkt gibt, den man als rechtzeitig bezeichnen könnte. Dieser ist höchstens dann, wenn man alle Personen, die man braucht, antrifft, um seine Anliegen durchzubringen. Das ist um 7 Uhr am Morgen eher selten der Fall. Trotzdem hatte G. also noch ein bisschen Zeit, um mit den Rekruten Fußball zu spielen, heute hat er sogar ein Tor geschossen, was ihn schon etwas stolz machte, da er immer noch mit dem buckligen Platz kämpft, der seine in Deutschland durch harte Arbeit erlernten Ballkünste immer wieder empfindlich schmälert. Anschließend sind G. und S. mit dem Rescue Team um den Platz gejoggt, die Sauerstoffflaschen umgeschnallt, um sich an das Gewicht zu gewöhnen. Danach haben sie erst einmal ausgiebig gefrühstückt, die Sekretärinnen hatten ihnen Toast und Ei bereitgestellt. Wunderbaren britischen Toast, der nach nichts schmeckt und sich auf 0,05 % seines Volumens reduzieren lässt, wenn man ihn zwischen Daumen und Zeigefinger etwas fester drückt. Ernsthaft, G. mag diesen Toast wirklich gerne. Und er ist den Sekretärinnen wahnsinnig dankbar, dass sie ihn und S. so fürsorglich behandeln. Da mag S. sagen, G. würde dauernd mit ihnen flirten, aber man kann doch sagen, was man möchte, ein solides Frühstück, meistens sogar mit heißem Tee, ist einiges wert. Anschließend haben sich G. und S. aufgemacht, um am Geldautomaten ihre Barvorräte aufzustocken, zumal S. sein Smartphone reparieren musste und es gleich anschließend bezahlen sollte. Also auf zum Bankautomaten der National Bank of Commerce (NBC) in der Tankstelle gegenüber. Die folgende Episode hat G. nun schon dreimal erlebt, jetzt aber soll sie in voller Länge beschrieben werden.
09.21 Uhr (fiktive Startzeit): G. schiebt seine Mastercard in den Automaten.
09.21 Uhr (gleich darauf): Der Automat sagt: Please wait.
09.23 Uhr: G. wartet.
09.24 Uhr: Der Wachmann des Automaten schaut G. fragend an. G. und er diskutieren verschiedene Möglichkeiten und beschließen, weiterhin zu warten.
09.29 Uhr: S. und der Wachmann unterhalten sich über tansanisches Kino, während G. weiterhin wartet.
09.30 Uhr: G. tippt die Servicenummer der NBC in sein Handy
09.31 Uhr: G. hat sich durch das Hotlineverzeichnis gewählt und wird mit einem schlecht Englisch sprechenden Sachbearbeiter verbunden.
Gesprächsinhalt: G. soll die Abbruchtaste drücken, was selbstverständlich nichts bringt, da keine Benutzeroberfläche geladen ist. Außerdem ist derzeit kein Servicetechniker verfügbar, G. soll seine Karte zurücklassen, die dann am Abend abgeholt wird. G. bedankt sich und legt auf.
09.33 Uhr: S. muss los, um sein Handy zur Reparatur abzugeben.
09.34 Uhr: G. ruft seinen Mentor D. an, der als Informatiker bei NBC arbeitet. D. verspricht, sich zu informieren und dann zurückzurufen.
09.35 Uhr: G. wartet.
09.36 Uhr: Der Bildschirm des ATM wird schwarz, dann erscheint die BIOS-Information, Windows XP startet. Der Automat wirft die Karte aus.
09.37 Uhr: G. verabschiedet sich vom Wachmann und begegnet S., der über die Straße zum Automaten zurücksprintet. Sie laufen zurück zur Wache.
Anmerkung: G. wurde vor seiner Abreise darin unterrichtet, wie man die eigene Berichterstattung überdenkt, um der Verbreitung von Klischees und rassistischen Vorurteilen entgegenzuwirken. Die Kreditkarten-Story möchte er keinesfalls als exemplarisches Beispiel für die marode tansanische Infrastruktur verstanden wissen.
Lediglich ärgert er sich ab und zu über Firmen, die offenbar auf essentiellen Gebieten sparen. Sämtliche drei Bankautomaten, die Gs. Mastercard bisher zum Absturz gebracht hat, stammten vom Hersteller NCR und ihr BIOS war 2004 zuletzt aktualisiert worden. Mit Windows XP waren sie auch für das heutige Internet völlig ungenügend ausgestattet, zumal der Support des Betriebssystems letztes Jahr ausgelaufen ist und es bei finanziellen Transaktionen nicht um Großmutters digitale Schnappschüsse geht. In den Grundzügen haben sich G. und S. schon überlegt, wie sie entweder mit Gs. Kreditkarte den Zahlungsverkehr in Dar Es Salaam lahmlegen werden (bis auf die Wincor-Nixdorf-Automaten von Equity Bank im Quality Center, die bisher reibungslos liefen) oder ihr Budget mit einem selbst geschriebenen Automaten-Code aufbessern, den sie beim Systemstart von Windows XP mit einbinden.
Nicht die manchmal schwierigen technischen Verhältnisse in Tansania setzen G. zu. Die ist er auch von zu Hause gewöhnt. Er versteht vielmehr nicht oder noch nicht, warum an vielen Stellen so ideenlos mit der Situation umgegangen wird. Auch auf einem Rechner von 2004 oder ein bisschen früher ließe sich Linux installieren und es gäbe bestimmt eine Firma oder eine Entwicklergemeinde, die dafür ein sichereres Bankautomaten-Betriebssystem schreiben würde, als es auf der Windows XP-Plattform jemals möglich war. Vielleicht ist das wieder Gs. westliche Prägung, aber Ideen und die Fähigkeit, aus dem Vorhandenen das Maximum herauszuholen, hält G. für eine grundlegende menschliche Qualität und nicht für ein Produkt seiner Kultur. Die Schuld daran, dass er diese Fähigkeit in seinem Gastland oft nur schwer entdecken kann, gibt er der CCM und dem allgemein korrupten und wenig am Wohlergehen seiner Bürger interessierten Staat. Alle seiner Vorstellung nach intelligenten Leute, die G. bisher getroffen hat, litten unter dem System oder haben ihre gehobene gesellschaftliche Position nicht wegen, sondern trotz der Politik erreicht.
Die Frage, die sich für G. gelegentlich stellt, ist auch, wie kompatibel die Systeme, die in Tansania parallel existieren, überhaupt sind. Wenn man durch die Viertel Posta oder Masaki läuft, sieht man viele Firmen, die nach westlichen Normen arbeiten und Häuser, die direkt aus Beverley Hills importiert wurden. Dagegen herrschen, soweit G. das erkennen konnte, in den Vierteln der breiten Bevölkerung eher kleinräumige Organisationsstrukturen und eine lokal ausgerichtete, informelle Wirtschaftsordnung. Dass sich kleine Händler, Telefonreparateure und Motorroller-Kuriere kaum in das Mühlrad der globalisierten Wirtschaftsordnung einordnen können, ist allein aus Kosten- und Verwaltungsgründen klar. Trotzdem ist es so, dass sie nicht von ihm abgekoppelt existieren. Firmen wie Coca Cola, Samsung oder Hitachi sind schon längst mit ihren Produkten vor Ort. Mit ihnen gekommen sind alle technischen Errungenschaften der Industrialisierung, wie Autos und Plastik. Oft hat G. den Eindruck, dass die Menschen den Spagat zwischen der Welt ihrer Vorfahren und dem Industriezeitalter gut meistern. Wenn G. andererseits den Grad der Umweltverschmutzung an der idyllischen Smogglocke am frühen Morgen über dem Zentrum sieht und die Plastikberge, die auf Brachen vor sich hin verrotten, macht ihn das nachdenklich. Vor 70 Jahren war hier der Großteil der Abfälle organisch, kein Problem also, sie hinter seinem Haus abzuladen und zu warten, bis sie zu Erde werden. Mit den heutigen Werkstoffen ist das anders. Ein Problem übrigens, das G. in Tansania nicht zum ersten Mal beobachtet hat. Er könnte kotzen beim Anblick von wilden Mülldeponien in der fränkischen Schweiz, wo Bauern ihren Hofmüll entsorgen. Klar, aus der Ferne zu haten, ist unfair. Worauf G. aber eigentlich hinausmöchte, ist, dass dieser Kontrast zwischen verschiedenen wirtschaftlichen Systemen nirgendwo reibungslos verläuft. In Deutschland gibt es aber einen Bund Naturschutz und eine Umweltpartei. In Tansania gibt es ebenfalls Behörden, die mit oft bescheidenen Ressourcen darum kämpfen, wenigstens die noch intakten Ökosysteme und Kulturen zu schützen.
Die Kontaktstellen zwischen Moderne und Tradition, die G. gesehen hat, sind nach seiner Einschätzung bereits jetzt sozial und wirtschaftlich schwer geschädigt und es gibt kaum jemanden, der den Menschen bei der Bewältigung der Folgen beisteht. Wenn, dann vielleicht aus dem Ausland, aber viel wichtiger noch wäre jemand von hier. Julius Nyerere hatte in den 70er Jahren mit seiner Politik ein Aufbruchssignal gegeben. Seitdem hat aber niemand sein Konzept angepasst und auch im Wahlkampf war kaum zu erkennen, dass die wirklichen Belange des Volkes irgendwie im Vordergrund standen. Die Regierungspartei CCM ist seit 1961 an der Macht. Sie hat getrödelt und war faul. Das hat sich dieses Jahr an den Wahlurnen gezeigt, auch wenn sie sich eine weitere Legislaturperiode sichern konnte. G. kann die Menschen verstehen, mit denen er gesprochen hat, und die sagen: Die CCM ist schuld.
Allerletzte Anmerkung: Im Geist diskutiert G. mit seinem Trainer für interkulturelle Fragen auf dem Vorbereitungsseminar, der einwenden würde, dass der Westen Tansania die Demokratie diktiert habe und niemand das Recht habe, die o.g. Werte als absolut wahrzunehmen. Ja und nein. G. hat sich entschieden, dieses Argument jetzt nicht gelten zu lassen.
Die Bilder der letzten Tage gibt es unter: http://jakob.lindenthal.de/index.php/2015/11/04/images-work-in-progress/
Tuesday, 2nd November
Fixing the roof of the Japanese transport vehicle / Nearly losing my credit card at an ATM (NCR system with 2004 BIOS) / Repairing the main power supply of the skylift (by chance, we do not know what we have changed, but it is working now) / Painting boats / Assisting in fighting a fire in a home in Masaki / Playing football / Learning Kiswahili basics again / Sleeping well
Wednesday, 3rd November
Tired / Jogging with the Rescue Team / Sending an e-mail to MAN Austria for spare parts / Starting to disassemble a hose box in order to modify it / BA training with K. – no chance to find your way with blindfolded eyes / Playing football, getting used to the bumpy playing field / Waiting for T. to move to our house
G. ist in das Fußballteam des City Fire Sports Club aufgenommen worden. Am Freitag hatte ihn der Teammanager angesprochen und ihm den Captain vorgestellt. G. hat neue Puma-Schuhe bekommen sowie Stutzen und Schienbeinschoner. Diese Großzügigkeit hat G. gerührt und überrascht. Insgesamt scheint ihm das Fußballteam straffer organisiert als manch andere Abteilung der Feuerwehr, die mit deren Kernaufgabe befasst ist. Heute um vier Uhr ist G. also zum ersten Training angetrabt. Er wurde vom Trainer, der nur Kiswahili spricht, der Mannschaft vorgestellt und war froh, dass er das Affentretzen zum Aufwärmen schon kannte, sodass es keine Missverständnisse geben konnte. Der Sandacker schien direkt aus Deutschland übernommen zu sein.
Insgesamt scheint G. Fußball eine überhaupt sehr völkerverbindende Sportart zu sein. Die Ziele sind simpel, Rudelbildung ist überall Bestandteil der Mannschaftskultur und die paar Befehle zum Passen und Schießen lernt man fast so schnell wie auf der Spielkonsole. Trotzdem musste sich G. beim Trainingsspiel erst einmal eingewöhnen. Für seine Begriffe wird sehr robust gespielt. Körpereinsatz kann sich auch auf Ellenbogen oder Hände ausdehnen. Die Ballkontrolle, die seine Kollegen auf dem Sandplatz zeigten, hat G. sehr beeindruckt. Trotz allem konnte er sich ganz gut behaupten, auch mit der Strategie, den Ball rasch weiterzugeben, bevor ihn jemand umgrätschen konnte. Die Distanz der Pässe, die oft gespielt werden ist erstaunlich, die Abschlussquote dagegen eher niedrig. Die Tikitaka-Strategie könnte auch bei dieser Mannschaft vielleicht noch eine bessere Ausnutzung des Potentials erwirken. Doch G. wird sich zurückhalten. Schließlich fliegt er immer noch nach einem harmlosen Bodycheck in den Sand. Doch irgendwann, irgendwann! Wird er bestimmt ein Torjäger-Held. Oder er bleibt einfach rechter Verteidiger.
Busy friday: Painting the new boats / Heavy rain: Need to protect storage container with tarpaulin because of leaking roof / Welding a leak in the tank of the fire tender vehicle / Repairing the nearly fallen off rotating beacon of the crew transporter / Finally going home at 6 o’clock p.m.
Nachdem nun die erste Arbeitswoche bei der Feuerwehr vorüber ist, gilt es, den nächsten Eintrag einem durchaus weltbewegenden Problem zu widmen: Dem Mobilfunk. Seit unserer Ankunft schwelt nämlich ein Richtungsstreit, der die Wahl des Handynetzbetreibers betrifft. Grundsätzlich gibt es drei große Gesellschaften in Tansania: Vodacom, Tigo und Airtel. Aus mir nicht ersichtlichen Gründen schied Airtel sofort bei der Wahl aus. Ist eigentlich auch klar bei einem Betreiber, dessen Name in der hiesigen Aussprache fast wie RTL klingt. Nun also zum Kampf der Giganten: Voda gegen Tigo.
Hier herrscht auch bei unseren Mentoren keine Einigkeit. Daniel hat einige Jahre bei Vodacom gearbeitet und er schwört auf dieses Netz. Spricht man ihn auf Tigo an, lächelt er fein. Adson dagegen hält Vodacom für völlig überteuert und hält Tigo für die smartere Lösung. Tigo wirbt außerdem mit seinem neuen LTE-Netz und bietet Studententarife, in die man sich allerdings nur über Funkzellen in der Nähe der Uni einwählen kann. Kein Problem für die Feuerwehrleute, da der Campus zwei Blocks weiter ist. Also waren wir im Quality Center, einer großen Einkaufsmeile, und haben beide Stores besucht. Vodacom: Kleiner Laden, aber qualifiziertes Personal, das schmunzelt, als ich frage, wieviel Geld ich auf mein M-Pesa-Konto einzahlen soll. Ich lade es mit 10.000 Shilling (ca. 4 Euro) auf, das scheint schon eher die Obergrenze zu sein. Ich komme mir etwas hilflos vor, aber inzwischen habe ich sogar gelernt, wie man mit USSD-Codes auf seine Tarifbuchung und den mobilen Bezahldienst M-Pesa zurückgreift. Und ich habe mit Anleitung ein Internetvolumen von 2GB für ca. 4 Euro gebucht.
Danach zu Tigo. Hinter den Kulissen war Adson schon als eifriger Lobbyist tätig und hat uns vom Plan abgebracht, vollständig auf Voda zu setzen. Viele einfache Leute verwenden Tigo, deshalb sagen wir uns, dass es aufgrund der Community-Flatrate billiger sein wird. Und tatsächlich kaufe ich auch noch zwei Tigo-Simkarten, um später auch das Internet auf Tigo umstellen zu können. Die eine Karte liegt nach wie vor in einem Haufen aus Papierkram vergraben, wer will, kann sie in Dar es Salaam abholen. Denn zu Hause kam der Showdown. Das Vodacom-Internet funktioniert reibungslos. Mit dem DSL-Anschluss zu Hause in Deutschland kam es gut mit. Bei Tigo dagegen sahen Livestreams zumindest in Ilala verdächtig Bildern von Jackson Pollock ähnlich, bei denen ein Farbeimer explodiert war. Für die Voda-Privilegierten bot sich dann die Gelegenheit, den armen Tigo-Würstchen generös seinen mobilen Hotspot anzubieten, der natürlich die Übertragung gleich um Längen aufbohrte. Während die Tigo-Leute fluchend ihre E-mails eine Stunde lang abrufen, kann man sich ganz nebenbei unterhalten, wie reibungslos der Bilder-Upload auf dem Blog doch funktioniert.
Obwohl ich also stolzer Vodacom-Benutzer bin, muss ich doch eingestehen, dass man Tigo in der Hinterhand haben sollte: Mein altes, klassisches Nokia telefoniert reibungslos und das Internet war vor seiner Zeit, sodass ich mich nicht ärgern muss. Vodacom schenkt mir jeden Tag 10 MB Gratisguthaben, um mir eine Stunde später mitzuteilen, dass es nun aufgebraucht sei. Kein Wunder, dass jemand mehr Geld verlangen muss, wenn er seinen Kunden einen solchen Service zuteil werden lässt. Ich habe auch schon mit Vodacom telefoniert. Aber zu Airtel, denn da sind die Tigo-Tarife ungünstig. Die Integration in einem neuen Land bedingt auch, dass man sein Mobilfunknetz kennt. Und wie immer ist es so, dass die am besten Angepassten überleben. Tigo-Telefonie plus Voda-Internet heißt das Erfolgsrezept. Hybrid währt eben am längsten.
Livebericht aus Dar es Salaam
Mittagszeit auf der Feuerwache. G. und S. waren den ganzen Vormittag damit beschäftigt gewesen, für die befürchteten Unruhen und Anschläge nach der Präsidentschaftswahl Strategien zu erstellen und Rettungsmaterial zusammenzusuchen. Nun saßen sie mit den Technikern im Bunker und aßen Pommes. Immer wieder heulten draußen Kampfjets über die Stadt hinweg. Ausnahmezustand. Auf den Kreuzungen Polizisten mit Maschinenpistolen und Tränengaswerfern. Beamte des Innenministeriums waren den Tag über damit zu Gange, die Feuerwehr auf Einsatzbereitschaft zu überprüfen. Ein fehlbarer Offizier wurde degradiert. Das war der vierte Arbeitstag in Dar es Salaam, Tansania.
Nee, im Ernst: So krass ist es wirklich nicht. Aber man könnte es so schreiben, um seinen Lesern ein Bild vom chaotischen, gewalttätigen Afrika zu vermitteln. Tatsächlich haben sich beide Kandidaten zum Sieger der Präsidentschaftswahlen zum Sieger erklärt und in der Tat wurden zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen festgestellt. Und alle unsere tansanischen Kollegen und Gesprächspartner haben sich angespannt gezeigt ob der aktuellen Situation. In der Feuerwache bekommt man diese Anspannung auch von staatlicher Seite relativ stark zu spüren. Es war heute wirklich eine Kommission des Innenministeriums auf der Feuerwache, um die Einsatzbereitschaft zu prüfen. Da die Beamten aber alle militärische Ränge hatten und kaum Sachverstand in Feuerwehrfragen aufwiesen, schien mir die Inspektion mehr als politisches Manöver der Rückversicherung der Regierungspartei, auf ihre Behörden zählen zu können. Bei der geplanten Vereidigung des Präsidenten nächste Woche am Freitag und in der Zeit davor ist die Gefahr von Ausschreitungen und Anschlägen in der Tat höher als sonst, sodass die Feuerwehr tatsächlich Pläne für diese Situation aufstellt. Dass Kampfjets über Dar es Salaam hinwegfliegen, ist ebenfalls wahr. Nachdem dies nach meinen Erkenntnissen nicht zum Alltag gehört, vermute ich dahinter eher eine Bereitschaftsdemonstration der Armee gegenüber der Opposition. Es sind dieser Tage häufig schwer bewaffnete Polizisten im Straßenbild zu sehen, u.a. auch bei unserem Einsatz vor zwei Tagen. Allerdings ist ihre Anzahl gering im Verhältnis zu den fünf Millionen Menschen, die in Dar es Salaam wohnen und ich kann auch nur schwer beurteilen, ob z.B. bei Feuerwehreinsätzen dieser Sicherheitsstandard nicht zur Norm gehört, da es früher immer wieder zu Steinwürfen und Ausfälligkeiten gegen Rettungskräfte kam, denen zu lange Anfahrtszeiten vorgeworfen wurden. Der „Bunker“ ist unsere Werkstatt, die nur ein Fenster, dafür aber eine Klimaanlage besitzt. Wenn man beim Mittagessen sitzt und draußen Kampfflugzeuge heulen hört, ist das für unsere Friedensgeneration trotzdem ein etwas fremdes Gefühl. Degradierungen gab es heute, soweit ich weiß, keine. Ein Offizier wurde bestraft, weil er seine Uniform verliehen hatte. Insgesamt herrscht dennoch eine Atmosphäre der Normalität und die deutsche Botschaft hat anlässlich des Volkstrauertages zum Frühstück eingeladen, lediglich das Kino für heute Abend im Goethe-Institut wurde abgesagt. Alle Geschäfte haben geöffnet und vor der Wache wird der Wasserrohrbruch repariert. Die Arbeiten am neuen Control Room im Obergeschoss der Wache gehen voran und die Handwerker haben mir einen Pinsel zum Bemalen der Boote versprochen.
Heute war wirklich G.s vierter Arbeitstag. Mittlerweile weiß er mehr Namen als am Anfang und hat zum ersten Mal beim morgendlichen Fußballtraining der Rekruten mitgemacht. Zusammen mit S. hat er einen Halterungskasten für Schläuche angepasst für das Tankfahrzeug, welches das Rückgrat der Brandbekämpfung bildet, da in vielen Vierteln kaum Löschwasser verfügbar ist. Seit einigen Tagen ist der Tank allerdings leck, sodass nun dringend nach einem weiteren Standby-Fahrzeug gesucht wird, damit G. das Loch zuschweißen kann. G. hat sich neues Internet-Guthaben gekauft, damit das Bloggen funktioniert. Auf dem Rückweg zur Wache haben G. und S. einen deutschen Bauingenieur getroffen, der selbst lange bei der freiwilligen Feuerwehr war. Jetzt wissen sie, wer dieser Weiße war, der bei ihrem ersten Einsatz auf einmal in der Halle stand und sich über die langen Ausrückzeiten aufgeregt hat. Außerdem hat er mit der Schablone für die Beschriftung der neuen Boote angefangen. Auf diesen wird bald der Schriftzug „Fire & Rescue Force“ prangen, sodass die aus Überflutungsgebieten Geretteten ihre Wohltäter identifizieren können. Und G.s Vorgesetzter bei den Mechanikern hat den Schriftzug als Bedingung für eine Bootsübung am Strand gestellt, was einen zusätzlichen Anreiz darstellt. Vor Feierabend haben G. und S. Atemschutzgeräte und Feuerwehrmontur angelegt und mit K., einem der besten Feuerwehrmänner Tansanias, eine Trainingsrunde bei Nachmittagshitze unter Einsatzbedingungen absolviert. Das ging schon besser als im wirklichen Einsatz am Dienstag, als G. in seinem Schutzanzug rasch an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit kam. Anschließend haben G. und S. noch einen Großeinkauf gemacht, der G. hinsichtlich Hunger und Durst sehr quälte. Außerdem hat er über sein Fahrrad geflucht, diese Schrottmühle aus dem Besitz seiner Vorgänger. Langsam kehrt ein bisschen Normalität ein. Und die Sehnsucht nach westlichem Essen. G. muss noch eine Liste für die Ehemalige schreiben, die am Sonntag in Dar es Salaam ankommen wird und Kapazitäten in ihrem Gepäck angeboten hat. Das wird lecker.
Rescue Force standby during the match of Simba vs. Coastal Union. Result 1:0 for Simba. Nearly empty stadium due to tensions over election results. Stadium built by Chinese company, fire extinguishers with Chinese markings and prints. Observation: The Tanzanian market in general is dominated by cheap Chinese products, creating a climate of strong competition for local products such as clothes or technical equipment. And on the way to the stadium a bushfire, but another unit takes over.
Breathing apparatus training at the fire station together with Katundu, chief fire fighter. Increasing preparedness for feared clashes after the official announcement of ruling party CCM’s victory in the election.
Stadium Standby