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G.: Ni hao?

G. joggte die Ali Hassan Mwinyii Road entlang, als ihm ein Einfahrtstor im Pagodenstil auffiel. Auf einem Torpfosten klebte ein Plakat, welches ein Konzert anlässlich der Eröffnung des chinesischen Kulturzentrums in Dar es Salaam bewarb. Schön, dachte sich G., endlich einmal wieder Live-Musik, zu der man nicht tanzen muss oder die von benachteiligten Kindern vorgetragen wird. Er merkte sich das Datum und die Organisation und lief weiter. Er erzählte Freunden vom Konzert und man war einig, dass es sicher spannend wäre. Die Schwierigkeit, die G. nun hatte, war allerdings, dass sich das Konzert nirgendwo im Internet, weder auf Facebook noch auf der Seite der chinesischen Botschaft, finden ließ. Auch das Kulturzentrum war digital unauffindbar, was ja nicht schlimm war, offiziell existierte es ja noch gar nicht. Und so kam es, dass S. am Tag des Konzerts G. fragte, ob er denn schon die Details zum Konzert habe, es kämen noch zwei Bekannte mit. So fuhr G. wieder zum Pagodentor und siehe da, es war offen. Allerdings nicht für G., denn an jedem Pfosten war ein grimmig blickender tansanischer Wachmann mit chinesischer Fahne, chinesischem Kevlar-Helm und chinesischer Splitterschutzweste postiert (Anmerkung des Autors: Hier kommen antichinesische Vorurteile zum Ausdruck, dahingehend, dass zahlreiche chinesische Militärprodukte von minderer Qualität sind). G. erhaschte die Aufmerksamkeit eines chinesischen Funktionärs, der aus dem Gebäude kam. Dieser sprach zwar nur Chinesisch und Kiswahili, doch die Verständigung reichte immerhin so weit, dass er seinen tansanischen Assistenten holte, den G. nach dem Konzert fragte. Dieser teilte ihm den Kartenpreis und den Ort mit. Auf Anfrage bot er G. noch einen Kontakt für Rückfragen an. Dann ging er wieder ins Gebäude. Nach kurzer Zeit kam eine chinesische Funktionärin heraus, die G. freundlich begrüßte und in sehr gutem Englisch nach seinem Begehr fragte. Nach kurzem Gespräch bot sie G. vier Freikarten für das Konzert an, die er gerne mitnahm. Zufrieden fuhr er zur Feuerwache zurück.

Das Konzert selbst war in Gs. Augen eine spannende Mischung aus Tansania und China. Das Kammerorchester der Verbotenen Stadt spielte im Theater des Nationalmuseums traditionelle chinesische Stücke aus allen Landesteilen. Die Musik war allerdings teilweise nur an traditionelle Weisen angelehnt und in der Blütezeit des Kommunismus komponiert, was G. in der Melodieführung bemerkbar schien. Dazwischen gelang es einem tansanischen Ansager immer wieder, die von manchen Stücken aufgebaute andächtige Stimmung zu vertreiben, indem er viel zu laut und mit schlechten Gags und hängenden Pointen ein Publikum begeistern wollte, das wohl eher einen ruhigen Expat-Abend mit heimischer Musik erleben wollte (90% der Besucher waren nach Gs. Schätzung chinesisch oder chinesischstämmig, dazwischen ein junger Belgier, der sich augenscheinlich sehr um die Gunst der Funktionärin aus dem Kulturzentrum bemühte).

Am Ende spielte das Orchester noch ein tansanisches Volkslied. Dann wurde großer Applaus gespendet, der Direktor des Kulturzentrums stellte sich mit weiteren Funktionären für ein Gruppenfoto auf. Das Publikum ging nach draußen. G. und seine Freunde ergatterten noch drei Boxen mit wirklich fantastischem chinesischen Essen, das sie, nach tansanischer Tradition mit gemeinsamer Schüssel in der Mitte, zufrieden im Park des Museums verspeisten.

G. war zufrieden mit dem Abend. Kein Facebook hatte das Programm, das Menü und die Gesprächsthemen vorhergesagt. Ein wenig Fahrradfahren, freundliche Worte und ein bisschen Glück können manchmal doch genug sein. Zumindest in Dar es Salaam, aber das ist ja auch dritte Welt.