G. musste gerade ein Blech feilen, als die Alarmglocke klingelte. Froh, der Werkstattarbeit zu entkommen, rannte er ins Büro und zog sich um. In der Fahrzeughalle kam er am schon überfüllten Rescue Tender an, denn es war eine Person in einen Tank gestürzt. Der Gruppenführer komplimentierte den ob der Diskussion um die Sitzplätze schon etwas ungehaltenen G. auf einen Vordersitz, stieg selber ein und das Auto fuhr auf die Morogoro Road hinaus. Wegen einer neuen Regelung durfte der Fahrer nicht die Busspur benutzen, was G. zu einem übellaunigen Kommentar veranlasste. Schon wieder diese Entwicklungslandfeuerwehr! Na ja, wahrscheinlich war der arme Mensch ohnehin schon tot und man hatte nach seinem Auffinden die Feuerwehr nur zum Entsorgen gerufen. Mit diesen düsteren Gedanken kam G. an der Einsatzstelle an. Dort stellte sich heraus, dass der Mensch, der in den Tank einer Toilette gestürzt war, ein Neugeborenes war. Es war dort offenbar willentlich deponiert worden. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit lebte das Kind aber noch. Die Mannschaft aus Kinondoni war bereits eingetroffen, hatte allerdings angesichts mangelnder Fähigkeit noch keine weitergehenden Rettungsversuche unternommen. In diesen Momenten hasst G. Tansania mit diesen unschuldigen, aber doch für eine Feuerwehr zu dummen Menschen, die ein durchschnittliches tansanisches Feuerwehrauto besetzen.
Mit der Hilfe eines Anwohners schlug ein Feuerwehrmann mit Vorschlaghammer und Axt ein Loch in die Betonwand des Tanks, der ansonsten nur eine kleine Öffnung oben hatte, die eben für einen Säugling ausreichte. G. kam sich nutzlos vor, blieb aber an der Einsatzstelle, denn er hatte die Erfahrung gemacht, dass seine Kollegen manchmal auf schlechte Ideen kommen, wenn es um komplizierte Sachen ging. Doch nicht heute, denn es war der in Japan und Deutschland ausgebildete Gruppenführer C. dabei, nach Gs. Einschätzung einer der besten Feuerwehrleute Tansanias. Ohne Atemschutz zwar, aber immerhin angeleint, stieg dieser schließlich durch das Loch in den glücklicherweise nahezu leeren Tank, der gerade so voll war, dass das Neugeborene weich gelandet war. Sein Kopf war durch einen Zufall gerade so gelandet, dass es trotz unten liegendem Gesicht nicht in der weichen Masse erstickt war. Gs. Verdienst war es, die Feuerwehrleute, die C. sicherten, so aufzustellen, dass sie nicht die Leiter blockierten, die sie durch das Loch schoben, damit C. mit dem Kind, welches er in ein Tuch eingewickelt hatte, hinaufsteigen und es herausreichen konnte. Es war sehr beschmiert, aber immerhin schrie es. Krasse, was diese Neugeborenen aushalten, dachte G. Das Leben hatte gewonnen. G. herrschte einen Feuerwehrkollegen an, gefälligst den Kopf des Neugeborenen festzuhalten. Was waren denn das für Männer? Aber selten war er in seinem Einsatz in Dar es Salaam so froh gewesen. Es war ihnen gelungen, ein Leben zu retten! Und er freute sich still, dass sein alter Kollege S. nicht dabei war, denn er hätte jetzt etwas von untersuchen gemurmelt und wäre dann mit wichtiger Miene an den Gruppenführer herangetreten, um seine medizinischen Fachkenntnisse unter Beweis zu stellen. So wurde der Säugling einer Polizistin übergeben, die es durch die jubelnde Menge zu einem Polizeijeep trug, der unter den Rufen der Menschen im Sonnenschein die Schotterstraße hinunterfuhr. Dann gingen G. und seine Kollegen daran, die Ausrüstung zu putzen.