Es wird dunkel in Dar es Salaam. Ein roter Feuerwehrtransporter hält an der Madaba Street in Magomeni Mapipa. Ein etwas aufgeregter junger Mann geht zum letzten Mal durch die Nachbarschaft, schüttelt Hände und sagt auf Wiedersehen. Dann steigen G. und L. ein und der letzte Abend hat begonnen. Über Schleichwege kommen sie zu einer Kneipe in der Nähe des Flughafens, wo schon einige von G.s Kollegen warten. Bei Ziegenfleisch, Geschichten und Gelächter vergeht die Zeit rasch. G. freut sich sehr, dass sie alle gekommen sind, um sich zu verabschieden. Innerlich ist er allerdings bereits unterwegs, er lächelt freundlich, umarmt seine Kollegen zum Abschied. Doch im Inneren ist er bereits ein Stück zurückgetreten, Tränen wird er keine vergießen. Es sind gute Freunde geworden und G. würde sie vermissen. Andererseits liebt er dieses Land nicht. Er freut sich wieder auf seine Welt, wo Wasserhähne wieder richtig schließen und er wieder mit dem Fahrrad fahren kann ohne dauernde Angst vor dem plötzlichen Tod. Und er freut sich auch wieder darauf, dass Menschen einfach sagen, wenn es scheiße läuft und weniger Euphemismen benutzen. Ein kleines bisschen fühlt er sich darum wie ein Verräter, als er sich verabschiedet. Seine Kollegen und Freunde sind emotional ganz bei ihm, danken ihm für die Zeit, wünschen ihm alles Gute. G. sitzt dagegen in seinem emotionalen Kontrollzentrum und kommt sich herzenskalt vor. Allerdings nur für einen Moment, dann ist es ihm egal und nach draußen lacht er wie immer. Am Flughafen ist es dann noch einmal spannend. Er verhandelt freundlich mit dem Personal über die Gepäckmenge und liegt tatsächlich knapp unter dem Limit von 46 Kilo. Als die Sicherheitsleute ihn am zweiten Checkpoint ihn auf sein tansanisches Bargeld ansprechen, dessen Ausfuhr verboten ist, meint G. etwas von den Shops im Wartebereich und zieht dann noch die Trumpfkarte Innenministerium/Feuerwehr heraus. Unsympathisch, so anzugeben, aber er will heim. Es ist zwei Uhr morgens und G. lädt die Fotos der letzten Tage auf seinen Rechner. Dann schreibt er noch eine E-mail, lehnt sich in seinem Sitz zurück und starrt an die Decke. Endlich steigen die Passagiere ein und nachdem das Flugzeug über ewige Taxiways irrt, wo G. im Halbschlaf irgendwann die Orientierung verliert, hebt die Maschine ab. Das Lichtermeer von Dar es Salaam verschwindet rasch im Schwarz der Nacht und G. kuschelt sich in seinen Sitz. Irgendwann geht die Sonne spektakulär zwischen Wolkenschichten irgendwo über dem Bergland von Äthiopien oder so auf. Dann fliegen sie über das Niltal. Über dem Mittelmeer denkt G. an die Leute, die für ein Mehrfaches eines Flugticketpreises die Überfahrt auf einem überfüllten Boot wagen müssen, einfach, weil sie die falsche Nationalität haben. Er unterhält sich mit seinem Sitznachbarn, einem polnischen Wissenschaftler, über dessen Erfahrungen mit Ostafrika und die Wahrnehmung der deutschen Flüchtlingspolitik in Osteuropa. Irgendwann taucht wieder die Küste auf und das Flugzeug landet in Istanbul. Europa. G. kauft sich ein überteuertes Wasser. Er setzt sich in ein verlassenes Gate. Es gibt Strom für den Computer und es ist leise. So leise war es in Tansania fast nie, zumindest nicht in der Zivilisation. Er versucht vergeblich, einer Mitreisendem zu kostenlosem WLAN zu verhelfen und schreibt weiter an seinem Bericht. Zweieinhalb Stunden bis zum Boarding. Wenn G. Glück hat, ist er zum Abendessen zu Hause. Er kann es noch nicht begreifen.
Alle Beiträge von Jakob Lindenthal
G.: Heimat
G. hat zum letzten Mal Haferflocken im indischen Supermarkt an der South Street gekauft. Am Eingang gab er wie immer seine Tasche und seinen Fahrradhelm ab. Auf die Frage, ob er eine Marke mit einer Nummer als Beleg nehmen sollte, winkte die Angestellte ab und meinte: „I know you, German boy.“ G. kaufte die Haferflocken und verabschiedete sich freundlich. Traurigkeit stieg in ihm auf. Wahrscheinlich war er das letzte Mal in diesem Laden gewesen. Diese Stadt war ihm ein Zuhause geworden, all die alten neuen Freunde, seine Kollegen, seine Nachbarn. Viel subtiler, doch ungleich stärker empfand er die kleinen Sachen, die zeigten, dass er hier zu Hause war: Die Verkäufer in Läden kannten ihn und grüßten ihn manchmal mit Namen. Auf dem Markt in Kariakoo sprach ihn ein Händler auf einen Feuerwehreinsatz in einer Marginalsiedlung an, bei dem er G. gesehen hatte. Wenn G. auf den Straßen von Dar es Salaam mit dem Fahrrad fuhr, war nicht mehr jeder Moment Adrenalin, sondern er konnte auch manchmal den Wind um die Ohren genießen. G. fuhr die Morogoro Road hinunter, am Restaurant vorbei, vor dem er einmal I. getroffen hatte, an der Passage vorbei, die er nachts zu Fuß nur ungern geht. Links ging die Lumumba Street ab, an der das Feuerwehrhauptquartier liegt. Danach kam der mit Stacheldraht umzäunte Park mit der riesigen Coca-Cola-Reklame, die G. wegen ihrer Suggestivwerbung hasste. Dann die Kreuzung, auf der man immer zum Goethe-Institut abbog und wo sich hinter der Tankstelle immer die Busse stauten. Dann die Haltestelle Fire mit der Feuerwache. Durch das große Tor kam G. jeden Morgen zur Arbeit und hatte es schon oft unter Sirenengeheul wieder verlassen, um wenige Stunden später verschwitzt wiederzukommen. Dann über die Kreuzung, wo der launische Verkehrspolizist Dienst tat, der einen an manchen Tagen herzlich grüßte und G. an anderen völlig ignorierte. Den Berg hinunter, an dem G. damals die völlig unreifen Datteln gekauft hatte, die dann im Küchenregal verschimmelten. Das Jangwani-Tal selbst war auch voller Geschichten. Dann Magomeni Mapipa. Madaba Street, die täglichen Kaffeetrinker, die Schneiderei und dann das Hoftor. Die Tür aufsperren und den auf dem Sofa sitzenden L. begrüßen. Zuhause.
Images: Two weeks – Boat exercise and Uganda
Boat exercise at Nyerere Bridge
As a new fire station close to Nyerere Bridge has been opened it still lacks a car but is being used as a training facility. Two rescue boats are stored there for a weekly training conducted by the diving team and the boat team. The teams consist of firefighters from all government fire stations in Dar es Salaam, comprising approx. 15 men and one woman. The diving team is taking new lessons every week, improving their skills in search and rescue. The boat team is working on steering the rescue boats safely. Chillout by the beach is a positive side effect of the exercise, making it quite popular among its participants.
Trip to 7even Hills Classic Frisbee Tournament in Kampala
Every year the Ugandan Frisbee Federation holds an Ultimate Frisbee tournament played on grass. It is the biggest regular tournament in East Africa. I took the chance to see friends again that I had met during other tournaments. Staying with a player from the Kampala Team, I enjoyed a wonderful time in the Ugandan capital, being showed around and taking a week off my daily concerns. Kampala is much quieter, greener and cleaner than Dar es Salaam. People speak English and I was close to never called Mzungu or asked to buy something. On the way back I took a bus, stopping over in Mwanza at Lake Victoria to see another friend, finally taking to Dar, enjoying the first night in my bed again. On the next day I went to the beach to play frisbee, quite a familiar thing after three intensive competition days.
Essay: Zeit für einen neuen politischen Diskurs
Das dümmste Bundesland und Bananen am Bahnhof
„Das dümmste Bundesland“ – Mecklenburg-Vorpommern – hat gewählt. Angesichts des Wahlerfolgs der Partei Alternative für Deutschland waren die Reaktionen sehr gemischt und zum Teil stark aufgeladen, wird vielen Beobachtern doch bewusst, dass der Konsens in Deutschland über stillschweigend für allgemeingültig gehaltene Grundwerte weniger stark aussieht als erwartet. DIE Bewohner Mecklenburg-Vorpommerns öffnen den Nazis die Tür, kann man verkürzt zahlreiche Meinungen wiedergeben. Wie blöd sind die denn? Besonders im liberal-intellektuellen Umfeld lassen sich durchaus Häme, Galgenhumor und eine gewisse Verachtung beobachten im Hinblick auf diese Malaise, welche die Plebejer da mal wieder produziert haben.
Es sollte bemerkt werden, dass in dieser Sichtweise der selbsternannten geistigen Elite der Bundesrepublik ein Fehler unterläuft, der sich in seiner Schwere nur graduell von denen der AfD-Wähler unterscheidet. Wer vom dümmsten Bundesland spricht, die Bewohner Mecklenburg-Vorpommerns als Nazis bezeichnet oder seine eigene Fortschrittlichkeit feiert in Abgrenzung von der Rückständigkeit der AfD-Wähler, argumentiert kaum anders als Rechtsradikale, die Ankömmlinge aus dem arabischen Raum pauschal als Kriminelle, Terroristen oder Vergewaltiger bezeichnen. Natürlich haben auch Deutschlands Intellektuelle Sorge vor Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Gewalt. Doch es ist eine abstrakte Gefahr, die man mit Galgenhumor, ein wenig Verachtung für den Pöbel und unbeirrtem Optimismus gut abwehren kann. Sie können es sich leisten: Im Hochlohnsektor gibt es keinen Konkurrenzkampf, der von Flüchtlingen verschärft werden könnte, in einem Einfamilienhaus mit Zaun kann nicht einfach in der Nachbarwohnung eine ausländische Familie einziehen, die vielleicht komische Sitten hat. Und zur Not könnte man auch noch die Finanzierung eines Wachdienstes stemmen, der herumlungernde Arme aus der Nachbarschaft vertreibt. Die meisten dieser Refugien hat der klassische AfD-Wähler nicht. Prekäre Arbeitssituation, Plattenbau, Hoffen auf Vater Staat. Und dass es nicht besser wird, ist relativ wahrscheinlich, wenn man sehen wird, was nach der Willkommenskultur kommt. Denn es ist nicht so, dass Offenheit, Toleranz und Kooperation nur auf Seiten der Aufnehmenden und Helfenden existieren würde. Wer schon einmal in einer fremden Kultur angekommen ist, um dort zumindest für einige Zeit zu leben, wird bestätigen können, dass sich auch Einwanderer in einem Übergangsmodus, in einer gewissen Adaptionsstimmung befinden. Die Flüchtlinge versuchen genauso wie die Gastgeber das andere Wertesystem zu verstehen, zu lernen, wie der Alltag funktioniert, wo die nächste Bushaltestelle ist. Dieser Prozess funktioniert umso einfacher, je weniger Ankömmlinge auf die Alteingesessenen kommen. Je mehr Ankömmlinge es werden, desto mehr muss die gegenseitig Gewöhnung und der Austausch institutionalisiert werden. Wenn das funktioniert, ist es zum beidseitigen Nutzen, da jede Seite ihren Erfahrungsschatz erweitert, Akzeptanz für Unterschiede entwickelt und Diversität zur Norm wird, was zur Verschmelzung der Gruppen und einer schließlich besseren Gesellschaft beiträgt. Dass ein kontroverser Diskurs und kulturelle Diversität bei gleichzeitigem sozialem Zusammenhalt das Beste ist, was einer Gesellschaft passieren kann, ist ein Fakt. Diesen würden nur erklärte Rassisten, die in der Tat böse und dumme Menschen sind, anzweifeln. So weit die Theorie. Und egal, wie sehr der Staat bei der Integration von Einwanderern versagt, in bestimmten Milieus wird sich genau eine solche kreative, demokratische, vielfältige Zusammensetzung bilden, die man dann mit einem eingeschränkten Blickwinkel als Erfolg verkaufen kann. In der Fläche – und genau dort leben die AfD-Wähler – könnte es aber anders aussehen. Wenn die Flüchtlinge merken, dass die Bananen am Bahnhof ungefähr alles waren, was für ihre soziale Perspektive in einer neuen Kultur aufgewendet wurde, wird es unbequem. Dann werden Elend und Kriminalität zunehmen und allein aus Trotz wären Ghettobildung und Radikalisierung die menschliche Folge einer gut gemeinten und guten Kampagne, die nach dem ersten Viertel abgeblasen wurde. Es sieht ja kaum anders aus in bestimmten Vororten ostdeutscher Großstädte, in denen Armut und Perspektivlosigkeit herrschen. Nur mit dem Unterschied, dass diese Zurückgelassenen AfD wählen, statt sich mangels politischer Vertretung und Verständnisses für die Gastkultur einen Sprengstoffgürtel zu bauen.
Und hier wird es für die sozial Bessergestellten und die politische Elite unbequem. Man kann Offenheit demonstrieren, Verfolgte willkommen heißen und sie medienwirksam am Bahnhof begrüßen. Wenn daraufhin aber kein tragfähiges Modell zur gesellschaftlichen Integration der neuen Mitbewohner zur Ausführung kommt, ist die hämische Bezeichnung „Gutmensch“ eine relativ logische Reaktion derer, denen schon in den 90ern „blühende Landschaften“ versprochen wurden und für die sich diese nur im Villenviertel nebenan verwirklicht haben, bei dessen Wartung man sich von Zeitarbeit zu Zeitarbeit hangelt.
Es wird eine kontroverse Diskussion über den gesellschaftlichen Zustand Deutschlands (und Europas) und seine sozialen Perspektiven notwendig sein. Das Proletariat von links ist reich geworden. Die Verdammten dieser Erde kommen von rechts und fühlen sich von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen. Bei der Integration der Flüchtlinge geht es im Wesentlichen um soziale Mobilität, egal vor welchem ethnischen Hintergrund. Und die Perspektivlosigkeit war vor der AfD da. Sozialen Aufstieg erreicht man erreicht man insbesondere durch Bildung. Wäre es nicht sinnvoll, im Zuge eines Mammut-Bildungs- und Integrationsprogramms für Zugewanderte auch einmal die beschämend niedrigen Bildungsausgaben und Bildungsförderung für deutsche Staatsbürger zu erhöhen, die sicherlich ihren Anteil an der gesellschaftlichen Misere im Nordosten der Republik haben? Auch an anderer Stelle werden sich Regierungen Fragen stellen müssen. Kann es sein, dass bunte Demonstrationen, Dialog und An-Bäume-Ketten in Teilen der Weltpolitik als Durchsetzungsmittel von Rechtsnormen nicht ganz genügen, so wie sich das manche Alt-68er in ihren Vorortpalästen und sanierten Altbauwohnungen vorstellen? Wäre es nicht sinnvoll, über eine Flugverbotszone in Syrien und gesicherte lokale Registrierungspunkte zu diskutieren? Sicherlich, dabei könnten auch deutsche Soldaten eingesetzt werden und im Ernstfall sogar ums Leben kommen. Das würde auch die AfD nicht wollen. Und hier ist die Chance eines offenen, argumentbasierten Diskurses, vor dem sich bisher alle Teilnehmer scheuen. Die politische Elite, weil sie Sorge hat, vom Olymp der moralischen Erhabenheit herabzusteigen, die Afd, weil sie eigentlich gar keine Argumente hat. Denn sie ist gar kein Volkstribun. Sie ist, genau wie die anderen Parteien, ein Anbieter auf dem politischen Markt und befriedigt mit Ware niederer Qualität die Bedürfnisse einer bestimmten Kundschaft. Nur weil sich die anderen zu gut sind, in den Schmutz der Ängste des kleinen Mannes herabzusteigen, können die Rechten behaupten, was sie wollen. Auch wenn ihre Ideen nicht einmal im Interesse der anvisierten Klientel sind. Ein isoliertes Deutschland wird in Zukunft weiter wirtschaftlich abgehängt, was insbesondere die AfD-Wähler trifft. Außenpolitisches Abseitsstehen wird die Probleme der Welt verschärfen und Flüchtlingsströmen Antrieb geben. Diese Flüchtlinge werden auch in eine Festung Europa unweigerlich eindringen und durch Illegalität noch rascher als jetzt ins soziale Abseits gedrängt. Weniger Zufriedenheit, weniger Perspektiven, weniger Sicherheit wären die Folge an Stelle von mehr. Also das Gegenteil von dem, was die Alternative für Deutschland verspricht. Sie bietet keine Lösungsansätze, sondern führt ihre Klientel beschleunigt in eine Wirklichkeit, vor der diese eigentlich Angst hat. Das müsste sich auch einem Langzeitarbeitslosen in Mecklenburg-Vorpommern vermitteln lassen, wenn man es mit entsprechenden sozialen Maßnahmen in der Realität untermauert. Dann kann man auch die lauten Töne der AfD als leeres Gebrüll enttarnen und tragfähigen Perspektiven zu gesellschaftlichem Konsens verhelfen. Dazu bräuchte es die Einsicht, dass Bananen am Bahnhof nicht zur Bewältigung einer sozialen Krise genügen und es sein kann, dass alles schwieriger wird, als man dachte. Doch das sollte uns nicht schrecken, denn Deutschland kann aus einem reichen Erbe schöpfen, auf das alle politischen Kreise stolz sind: Waren wir nicht schon immer Ingenieure?
Images: Fiery Thursday
G.: Der Zündel-Donnerstag
Ein grauer Himmel, aus dem immer wieder müde Tropfen fielen, schaute zum Fenster herein, als G. wie so oft einige Minuten vor seinem Wecker aufwachte. Sachen packen, auf zur Arbeit. Es gab noch kein heißes Wasser für den Tee, deshalb rührte sich G. eine Milch aus Milchpulver an. Als er gerade in seinen Chapati beißen wollte, ertönte die Alarmglocke. Schade, dachte sich G. zog Hose und Stiefel an und rannte nach draußen. Er nahm im zweiten Fahrzeug Platz und die beiden Autos schlängelten sich durch den Morgenverkehr nach Norden. In Mbezi Beach brannte das Obergeschoss einer Villa. G. legte gemeinsam mit seinem Kollegen M. Atemschutz an und sie stiegen über ein Vordach auf den Balkon des ersten Stocks und löschten gemeinsam mit ihren Kollegen die Reste des bereits recht ausgebrannten Stockwerks, das durch die Streichhölzer eines zündelnden Kindes Feuer gefangen hatte. Als die Löscharbeiten beendet waren, reichte die Nachbarin den Feuerwehrleuten kaltes Wasser, eine dankbar aufgenommene Wohltat, die zeigte, dass man in einem besseren Leuten gelandet war, sodass auch die Ansprache des Offiziers an die Schaulustigen mit Dankbarkeit und nicht mit Häme und Argwohn bedacht wurde. Auf der Wache zurück, stand der nächste Einsatz in der Leitung, der aber glücklicherweise von der Wache in Temeke übernommen wurde, sodass G.s Gruppe zu einem gleich danach eingetroffenen Notruf aus Kinyerezi am Ende der Welt ausrücken konnte. Rasch von G. mit Funkgeräten ausgestattet, funktionierte die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen sehr gut und die Feuerwehr erreichte nach ca. 25 Minuten den entlegenen Vorort, wo ein Einfamilienhaus vollständig brannte. Der Löschangriff lief für tansanische Verhältnisse koordiniert und sicher ab, lediglich die Benutzung der Funkgeräte wurde noch nicht so gut verstanden. Auch dieses Haus war einem zündelnden Kind zum Opfer gefallen, dessen Vater, der Besitzer des Hauses, sich von dem Verlust seines Heims schwer getroffen zeigte. Im Gespräch über den Brand schlugen auch G.s Kollegen nachdenkliche Töne an im Angesicht des Unglücks, die Arbeit von Jahren innerhalb einer halben Stunde vernichtet zu sehen. Der Himmel war grau, Dampf stieg auf, olivgrüne Polizisten sicherten die Einsatzstelle und am Himmel flogen Kampfjets. Endzeitstimmung. Im Kontrast dazu stand die Freundlichkeit der Anwohner, die sich nach anfänglicher Diskussion über die lange Anrückzeit mit dem Gruppenführer J. gut unterhielten und auch G. herzlich begrüßten.
Nun stand die nächste Herausforderung an: Der Diesel im Tank des ersten Fahrzeugs war alle. Mit Hilfe eines Schlauchs, eines Einmers und einer abgeschnittenen Flasche wurde Treibstoff umgetankt, dann ging es heim zur Wache und es gab Mittagessen. Anschließend schnitt G. noch ein paar Bleche zu. Dann ging er nach Hause.
Dort stellte er auf seinem Handy Gangsterrap an und ließ sich unter der Dusche kaltes Wasser über den Kopf laufen. Das sind die Momente des Tages, die er am liebsten mag. Arbeit getan, Kopf leer, Augen zu.
Dann war es Zeit für das Abendmüsli.
Grau
Police Force
Bei einer Schießerei zwischen der Polizei und mutmaßlichen Bankräubern ist am Freitag, den 26. August 2016 eine Person ums Leben gekommen. Meine Einheit wurde zum Tatort gerufen. Das ist ein Gedicht.
Jeshi la Polisi*
Im Staub warten und warten
Sie nehmen sich wichtig und sie nehmen sich Zeit
Es tropft Blut in den Sand
Eine harmlose Spur
Die nur flüchtig erzählt, wie ein Leben verrann.
Und in der Kaserne wartet die Truppe
Zertretene Stiefel und Waffen.
Unter dem Dach ist es heiß.
Reis wird verteilt und Hände
Greifen vom Abzug zum Löffel.
Es ist die Stadt der Gewalt
In der sie jagen und rächen.
Und mittags machen sie Halt
Ihr Mahl zu genießen
Zwischen zerstörten Tresoren.
*Jeshi la Polisi (Kiswahili) = Police Force
G.: Es passiert weniger, als man denkt – und mehr
Du siehst eine Reportage vom Vietcong und denkst, es hätte nur Explosionen, Gefechte und Minenfelder gegeben. Oft geht beim Erzählen verloren, wie man sich im Lager einfach unterhalten hat, gemeinsam ein Huhn kochte und wegen anhaltenden Regens tagelang unter einer Plane hockte und wartete.
Es ist bald ein Jahr vergangen und G. hat bei der Feuerwehr von Dar es Salaam gearbeitet. Aus seinen Bildern könnte man eine Katastrophengeschichte der Dritten Welt formen. Brände, Unfälle, Gewalt. Und besonders in den Bildern geht verloren, wie viele ruhige, friedliche, vielleicht manchmal langweilige Momente es gab, die niemand fotografiert hat, über die es keine Medienberichte gibt. Wie G. mit seinen Kollegen in der Atemschutzwerkstatt Tee getrunken hat, Geschichten vom Feuerwehrsportfest, nächtliche Flughafen-Abholungen und glühend heiße Nachmittage. Wenn G. auf die Feuerwache kommt, steigt in seine Nase ein Geruch von altem Holz, Öl und Staub. Die Feuerwache ist ein friedlicher Ort, manche Büros erzählen immer noch vom beschaulichen Beamtendasein der Nyerere-Zeit und ihre Besitzer sind immer für eine Geschichte zu haben, helfen einem freundlich weiter und sortieren dann wieder gemütlich ihre Akten. Auch in der Werkstatt kann einfach einmal ein Tag bei der sorgfältigen Anfertigung eines Bauteils vergehen. Die Klimaanlage rauscht leise und man erzählt sich Geschichten aus dem Feuerwehraustausch in Deutschland.
Und dann klingelt manchmal die Glocke. Es heißt aufsitzen und die Kameraden rasen mit G. über die hektischen Straßen von Dar es Salaam. Sirenen, Flammen und Rauch finden ihren Weg in die Berichte. Und wenn die Feuerwehrleute von der Einsatzstelle abrücken, endet die Erzählung. Das alte Feuerwehrhaus im Distrikt Ilala aber ist immer noch da und es gibt Mittagessen.
Images: The journey and the temple of Pepsi
As my brother came to see Tanzania and fortunately also me we went for a round trip through the countryside and the smaller towns of the country. We took a train from Dar es Salaam to Makambako, boarding a bus to Iringa, taking from Iringa to Morogoro and coming back to Dar es Salaam with a colleague of mine from the Headquarters who happened to be travelling with his car on the same day.