G. hat zum letzten Mal Haferflocken im indischen Supermarkt an der South Street gekauft. Am Eingang gab er wie immer seine Tasche und seinen Fahrradhelm ab. Auf die Frage, ob er eine Marke mit einer Nummer als Beleg nehmen sollte, winkte die Angestellte ab und meinte: „I know you, German boy.“ G. kaufte die Haferflocken und verabschiedete sich freundlich. Traurigkeit stieg in ihm auf. Wahrscheinlich war er das letzte Mal in diesem Laden gewesen. Diese Stadt war ihm ein Zuhause geworden, all die alten neuen Freunde, seine Kollegen, seine Nachbarn. Viel subtiler, doch ungleich stärker empfand er die kleinen Sachen, die zeigten, dass er hier zu Hause war: Die Verkäufer in Läden kannten ihn und grüßten ihn manchmal mit Namen. Auf dem Markt in Kariakoo sprach ihn ein Händler auf einen Feuerwehreinsatz in einer Marginalsiedlung an, bei dem er G. gesehen hatte. Wenn G. auf den Straßen von Dar es Salaam mit dem Fahrrad fuhr, war nicht mehr jeder Moment Adrenalin, sondern er konnte auch manchmal den Wind um die Ohren genießen. G. fuhr die Morogoro Road hinunter, am Restaurant vorbei, vor dem er einmal I. getroffen hatte, an der Passage vorbei, die er nachts zu Fuß nur ungern geht. Links ging die Lumumba Street ab, an der das Feuerwehrhauptquartier liegt. Danach kam der mit Stacheldraht umzäunte Park mit der riesigen Coca-Cola-Reklame, die G. wegen ihrer Suggestivwerbung hasste. Dann die Kreuzung, auf der man immer zum Goethe-Institut abbog und wo sich hinter der Tankstelle immer die Busse stauten. Dann die Haltestelle Fire mit der Feuerwache. Durch das große Tor kam G. jeden Morgen zur Arbeit und hatte es schon oft unter Sirenengeheul wieder verlassen, um wenige Stunden später verschwitzt wiederzukommen. Dann über die Kreuzung, wo der launische Verkehrspolizist Dienst tat, der einen an manchen Tagen herzlich grüßte und G. an anderen völlig ignorierte. Den Berg hinunter, an dem G. damals die völlig unreifen Datteln gekauft hatte, die dann im Küchenregal verschimmelten. Das Jangwani-Tal selbst war auch voller Geschichten. Dann Magomeni Mapipa. Madaba Street, die täglichen Kaffeetrinker, die Schneiderei und dann das Hoftor. Die Tür aufsperren und den auf dem Sofa sitzenden L. begrüßen. Zuhause.