G. hat angefangen, bei der Feuerwache zu arbeiten. Der Montag nach den Wahlen bestand vor allem daraus, sich einzukleiden und die Container mit den Spenden aus Deutschland zu sichten. G. hat eine deutsche Feuerwehrmontur bekommen und einen britischen Helm, der schon einige Schmauchspuren trägt, aber umso heroischer aussieht. G. und S. haben Chipsi Nyumba (Pommes Frites mit Fleisch) zu Mittag gegessen. Im Großen und Ganzen hatte noch niemand von den neuen Freiwilligen ernsthafte Magenprobleme wegen der neuen Lebensbedingungen. Nur am Sonntag war G. schlecht, das kann aber auch gut daran gelegen haben, dass er fast eine ganze Kokosnuss in sich hineingestopft hatte. Überhaupt findet G. das Essen in Tansania ziemlich fantastisch, aber wenn er an Müsli denkt, kommen ihm jetzt schon fast die Tränen. Und Milch, und Joghurt…
Doch zurück zum Thema: G. hat zusammen mit seinem Kollegen S. ein kleines Büro im Verwaltungstrakt, das sie mit einem weiteren Funktionär teilen. Gs. Arbeitsplatz ist die Schlosserwerkstatt, das Building 003, das dem Cheftechniker M. gehört. M. ist ein erfahrener Handwerker und Feuerwehrmann um die 60 Jahre, der auch große Freude an Wasserrettungsübungen hat und mit dem auch unsere Vorgänger einiges erlebt haben. M. und G. haben sich nach Kariakoo begeben, um Farbe für den Schriftzug der neu eingetroffenen Boote zu kaufen, die Preise für Stahl für einen Bootstrailer zu erfragen und nach einer passenden Achse für den Trailer zu suchen. G. hat gelernt, dass es nicht so klug ist, die Waren von Straßenhändlern zu fotografieren, da diese dann einen finanziellen Ausgleich wünschen. M. hat G. aber aus der Patsche geholfen, also hat das Greenhorn noch einmal Glück gehabt. Später haben G. und M. noch zwei Offiziere getroffen. Zurück auf der Wache, ging der Alarm los. G. und S. sind in ihr Büro gerannt, haben die Montur zusammengerafft und sind zum Fahrzeug gerannt. In der Haupthalle bei der Ausfahrt stand ein ihnen unbekannter Deutscher, der sie in Hamburger Dialekt für die lange Ausrückzeit kritisierte. Dank ihres fantastischen Fahrers, der keine Gehsteige scheute und sicher schon als Elchtester gearbeitet hatte, gewannen sie aber wieder Vorsprung vor dem Tankwagen, auf den sie kurz warten mussten, bevor sie zur Einsatzstelle irgendwo in Ilala vorrücken konnten.
Dort war eine Traktorwerkstatt bereits in Flammen, ebenso ein daneben geparktes Auto. Rund zwanzig behelmte und schwer bewaffnete Polizisten hatten die Einsatzstelle geräumt und eine Gasse gebildet, durch das unser Trüppchen, bestehend aus G., S. und D., einem weiteren Feuerwehrmann, zum Brandherd rannte. Insgesamt die Hauptwache nur mit fünf Feuerwehrleuten, darunter der unqualifizierte G., angerückt, sodass es gut war, dass sie auf die Unterstützung des Personals der Feuerwache Temeke rechnen konnten, das zwar deutlich bescheidener ausgestattet war, aber durch seine Zahl die Brandbekämpfung entscheidend erleichterte. Nachdem S. seine Handschuhe vergessen hatte, bekam er die von G., der als Helfer und Fotograf fungierte. Gs. Idee, eine Steckleiter zu verwenden, um ein Glutnest von oben besser bekämpfen zu können, wäre theoretisch sogar gut gewesen. In der Tat war die Leiter aber auf dem Dach des Feuerwehrfahrzeugs aus Temeke mit so vielen gordischen Knoten befestigt, dass die Gefahr schon durch Balanceakte auf einer einsturzgefährdeten Mauer gebannt war, als die Leiter endlich gelöst war. Zu diesem Zeitpunkt war G. bereits triefnass und der Mangel an Trinkwasser machte sich zunehmend bemerkbar. Irgendwann bekam jeder einen Liter, der wie Nektar wirkte. Nachdem sich die Menge langsam zerstreute, ging das Leben auf der Straße weiter und G. und S. bekamen von einem Kollegen ein Eis spendiert. Nachdem das Fahrzeug, mit dem G. und S. angekommen waren, neben einem Bordell parkte, konnte G. auch diesen Aspekt der Millionenstadt Dar es Salaam erleben. Dazu muss man allerdings sagen, dass G. der Zweck des Gebäudes nicht weiter aufgefallen wäre, wenn er nicht vom Fahrer darauf hingewiesen worden wäre. Schließlich fuhr die Mannschaft wieder zurück zur Wache, wo G. von seinen Kollegen freundlich gefragt wurde, wie es gewesen sei. Auf die Antwort „Yoto!“ (heiß) lachten sie sehr. G. hat inzwischen bemerkt, dass seine Kollegen sich besser an die Hitze adaptiert haben, aber entgegen allen Klischees alle in seiner Umgebung die Hitze auch als heiß wahrnehmen, wenn auch vielleicht nicht als ganz so unerträglich wie die Greenhorns aus Deutschland. Anmerkung: Den ersten Einsatz hat G. gar nicht mit seinem alten Helm absolviert, aufgrund einer großen Spendenlieferung hat er jetzt ein Upgrade auf ein neueres Modell durchführen können, dass ein reflektierendes Visier hat. C., der laut dem Vorgänger P. einer der besten Feuerwehrmänner Tansanias ist, hat G. zudem eine Menge Arbeitskleidung verschafft, über die er sehr glücklich ist.
Müde und zufrieden mit dem Tag gingen G. und S. nach Hause.
Die Bilder der ersten zwei Arbeitstage gibt es hier: Images: The first two days at City Fire
Wer lesen will, wie S. (Samuel) den ersten Einsatz erlebt hat, kann seinen Bericht unter folgendem Link lesen:
https://feuerwehrdaressalam.wordpress.com/2015/10/27/brandeinsatz-auf-tansanisch/