1.10.2015
G. hat Abschied genommen vom alten Straßenbahndepot. Er ist mit M. und E. noch einmal durch das Loch im Zaun geschlüpft und durch die leeren Hallen gegangen. Sie haben sich vorgestellt, welche Parties und Kunstausstellungen man hier veranstalten könnte. G. glaubt nicht, dass P&P Immobilien viel von solchen Träumen hält. Die neuen Tramlofts bringen sicher mehr Geld. Die tollen Tramlofts, eine Hochburg des Mittelmaßes. Wenn G. schon die Werbeplakate mit den Computerentwürfen sieht, wird ihm schlecht. Die Radikalität und Klarheit von Industriearchitektur wurde entkernt und in ein bürgerliches Format gepackt. Dort kann Biedermann vor dem UHD-Fernseher sitzen und zuschauen, wie die Flüchtlinge nach Europa kommen. Anschließend kann er im Trennungen Ökoladen noch Bio-Auberginen für ein richtig kreatives Pastagericht mit Balsamicocreme kaufen. Dass seine Bio-Auberginen von illegalen Immigranten gepflückt wurden, davon weiß Biedermann nichts. Selbst wenn er es wüsste, könnte die Information nichts an seinen Entscheidungen ändern. Access denied.
Doch die Spießer waren noch nicht da, es herrschte Dämmerlicht und der Geruch nach Schmieröl hing in der Luft. G. war klar, dass das Straßenbahndepot kein Weltwunder war, das man bis zum jüngsten Gericht hätte erhalten müssen. Aber dass sich die Mittelmäßigen, Nietzsches Viel-zu-Viele und die Stadt Nürnberg wieder einmal ein altes Haus gefangen hatten, um ihm seinen Charakter zu rauben, stimmte G. nachdenklich. Zeit, zu gehen, dachte er bei sich. Durch das Schotterbett stapften sie zurück.